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Andromeda Tonks - Druckversion

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Andromeda Tonks - Andromeda Tonks - 22.01.2025

War es nicht eine schöne Zeit gewesen? Damals? Bevor sie sich entzweit hatten, bevor alles zu Bruch gegangen war? Andromeda verstaute das Bild wieder, legte es fort, doch die Erinnerung blieb. “Et un, deux, trois, quatre,...“ Mit vier Jahren hatte sie mit dem Ballettunterricht begonnen und betrieb ihn intensiv bis zu ihrer Einschulung. Später hatten ihr die Lektionen dabei geholfen stets Haltung zu bewahren und die Art von Eleganz zu zeigen, die man sich von einer Black erwartete. Der Preis für diese tadellose Erscheinung waren krumme Zehen und viele Hiebe mit dem Rohrstock gewesen, wenn die Spannung ihres Körpers nicht den Wünschen entsprochen hatte. Der Familie Black anzugehören bedeutete am Ende eben doch, alles Unpassende schlicht und ergreifend noch nicht gut genug bearbeitet worden war. Was nicht passend war, wurde passend gemacht.
Abseits der hohen Anforderungen hatten sie wie junge Hoheiten gelebt. Nebst der Kinderkutsche und dem eigens erbauten Spielhaus im Park, das tatsächlich eine Minitaturvilla (zweistöckig) darstellte, samt auf Kindergröße angepassten Inventar, hatte Andromeda aber auch bald ihre Liebe zum Reiten entdeckt. Wie der Wind war sie durch den Forst geprescht, hatte auch dafür ab und an geradestehen müssen. Wo Bellatrix' Wildheit akzeptiert war und gefördert wurde, so dämmte man diese bei ihr ein. Und wie so oft in den folgenden Jahren hatte es oberflächlich Erfolg, hielt Andromeda ihr wildes Herz zurück und zügelte sich, um der Welt zu gefallen. Ihre große Schwester war es, unter deren schützender Hand sie immer wieder aus sich herauskommen konnte. Sie hatte gelernt den inneren Druck zu beherrschen und dann freizulassen, wenn es angebracht war. Zahmer als Bellatrix. Wilder als Narcissa. Auf immer das Bindeglied zwischen den Schwestern.



Nymphadora weinte in ihrem Arm. Leise summend ging sie mit ihr im Kreis, ihr Ohr an ihrer Schulter. „Ssshhh....“ Machte sie immer wieder leise, während ihr Blick aus dem Fenster hinausging, hin zum Sternenmeer, das heute aber aufgrund der laufenden Angriffe grünlich schimmerte. Halbhoch im Südhimmel stand der Löwe und ein stummes Brüll, brüll sie in Grund und Boden! wurde als Stoßgebet entsendet. Dann fiel der Blick auf das Löwenherz, wurde ihr das Herz schwer vor Wehmut und schlich sich ein weiterer leiser Gedanke in sie hinein: ich weiß, irgendwo dort oben seht ihr zu. Daran glaubte sie wirklich. Als Black wuchs man nun mal in dem Glauben auf, dass ein jeder von ihnen den hohen Gestirnen angehörte und dass nichts, kein Schritt unbeobachtet blieb. Manchmal hatte Andromeda das Angst gemacht. Andere Male fühlte sie sich schuldig - so wie jetzt, während sie Regulus betrachtete - und dann wiederum gab es Momente, in denen sie Trost und auch Stolz bei den Gedanken daran empfand. Und sie hoffte, sie hoffte wirklich, dass sie alle irgendwie auf diese Art verbunden waren, obwohl sie nie wieder einen Schritt über die Schwelle eines Blackanwesens setzen würde. Andromeda blinzelte die Tränen weg und wandte sich vom Fenster fort, überlegte stattdessen fieberhaft was ihrer Kleinen in diesem Moment helfen konnte. Und dennoch krampfte sich gleichzeitig alles in ihr vor Schuld zusammen. Sie würden fortziehen. Sie mussten fort. Der Krieg tobte direkt vor ihrer Haustür und es war nur eine Frage der Zeit, bis man sie wieder finden würde. Man würde Ted ermorden, man würde wer weiß Gott was mit ihrer Tochter tun und an ihr eigenes Schicksal mochte sie dabei erst gar nicht denken.

Schritt vor Schritt. Bloß nicht stehen bleiben. Was für Andromeda mindestens so beunruhigend wie die Vorstellung der gefährlichen Nacht dort draußen war, von der sie nur durch sorgfältig gewebte Schutzzauber geschützt war, war allerdings das Wissen darum, dass sie die Gesichter der Angreifer nur allzu gut kannte. Fast wie ein Klassentreffen...
... auch damals, in der Großen Halle, hatte sie einen Fuß vor den anderen gesetzt, furchtbar aufgeregt und doch darauf bedacht so auszusehen, als sei das hier das selbstverständlichste der Welt. Natürlich würde sie nach Slytherin einsortiert werden - so wie alle Blacks vor ihr! Zumindest war es das, was man sich in der Familie erzählte. Sie hatte sich auf den Stuhl gesetzt, der schon von zig schwitzigen Händen angefasst worden war und dann hatte sie Dunkelheit umfangen.



Hmmm.... wen haben wir denn hier? Noch eine Black, aber eine ganz und gar andere als die ältere Schwester ist es. Interessant. Ich sehe großen Ehrgeiz, aber auch Wissensdurst und Tapferkeit. Verärgert hatten sich ihre Augenbrauen zusammengezogen, weil der Hut zögerte. Er haderte allerdings nur kurz mit sich, schien tatsächlich sämtliche Häuser für sie in Erwägung zu ziehen. Am Ende wurde es aber doch Slytherin und der Tisch empfing sie mit tosendem Applaus, Andromeda hielt stark an sich um nicht einen aufgeregten Hüpfer zu vollführen, als sie sich mit strahlenden Augen ihrer großen Schwester näherte, die ihr sogar bereits einen Platz neben sich freigehalten hatte. Der Platz zwischen Bellatrix und Perseus Gamp. Der Junge, der einst um ihre Hand anhalten würde und ihr nun bereits Kürbissaft einschenkte, sie mit Aufmerksamkeit bedachte und sie euphorisch lächeln ließ. Mit funkelnden Augen ließ Dromeda sich an ihrem Haustisch nieder, fühlte sich wohl unter ihresgleichen. So wie es stets sein würde. Es mochte Mitschüler geben, die mit der Ellbogenpolitik innerhalb Slytherins nicht gut zurechtkamen. Andromeda setzte sich nicht mit Gewalt, sondern mit Charme durch. Half es ihr in den ersten Jahren, dass Bellatrix eine Hand über sie hielt? Vermutlich! Und konnte man auch Perseus als solche Rückendeckung wahrhaben? Ganz gewiss! Man stellte sich einem Blackschen Machtgefüge nicht in den Weg.



All dieser Unfrieden dort draußen in der Welt... Sie hatte es gesehen, überall. Diese Probleme, mit denen sie hier konfrontiert waren, die waren nicht auf Großbritannien gemünzt, sondern fanden sich auf die eine oder andere Weise überall wieder. Ungleichheit, eingefahrene Traditionen, die darauf aufbauten irgendeinen Teil der Gesellschaft systematisch auszugrenzen,... es war nicht einmal so, dass sie sich hier selbst davon ausnehmen konnte. Lang genug hatte sie selbst von sich geglaubt über anderen Menschen zu stehen. Auch wenn sie niemals so extrem gewesen war wie ihre ältere Schwester, ihr Blick mehr Mitleid für die Unwerten beinhaltet hatte als Abneigung. Vielleicht war es ihr deswegen während ihrer Schulzeit auch so leicht gefallen die Vorurteile abzustreifen, loszulassen und auch Menschen eine Chance zu geben, denen ihre Familie nie eine gelassen hätte. Auch, wenn da in den ersten Jahren natürlich die Einstellung gewesen war, dass man selbstverständlich dennoch etwas Besseres war als nicht so reinblütige Schüler.
So wie Barbara Villiers, deren Eltern Muggel waren und die selbst Monate nach Schulstart noch Probleme damit hatte an die Flugtüchtigkeit eines Besens zu glauben. Besenfliegen war nicht Andromedas Lieblingsbeschäftigung, aber natürlich beherrschte sie es und sie blieb hinter ihren Klassenkameraden zurück, als sie die weinende Ravenclaw nach dem Unterricht bemerkte. Und dann gingen sie das alles nochmal durch und tatsächlich kam Barbara dann besser mit der Vorstellung klar der Besen würde gar nicht hüfthoch in der Luft schweben, sondern das wäre so wie Barbaras Pony zuhause... und ja, so einfach waren sie in ein weiteres Gespräch gekommen und was mit ein bisschen Nachhilfe begonnen hatte wuchs sich am Rückweg ins Schloss in eine leidenschaftliche Diskussion über Ponys aus (Andromeda favorisierte Connemaras, Barbara fand Exmoors besser, aber sie hatte auch wirklich gute Argumente!). Kurzum: kleine Gemeinsamkeiten brachen am Ende doch jedes Eis. Nur war ihr schon damals klar gewesen, dass sie diese aufkeimende Freundschaft besser nicht an die große Glocke hing. Und so war es dann auch gewesen. Andromeda hatte sich im Lauf ihrer Schuljahre den Ruf einer sehr umgänglichen, diplomatischen Schülerin erarbeitet. Eine, die Brücken baute statt sie abzubrennen. Eine Person, die sich selbst in emotionalen Situationen im Griff hatte, Haltung bewahrte. Nur von ihrer älteren Schwester hatte sie das mehr und mehr entfernt. Und dann war da diese Sache mit Ted...



Sie hatte Ted gewählt, sich mit ihrer Wahl sehr bewusst gegen die eigene Familie gestellt. Dabei war doch so lange Zeit alles gut gegangen. Nun, sofern man in ihrer Familie von alles gut reden konnte. Sie hatte keine Probleme damit gehabt mit Perseus verlobt zu werden. Perce hatte sie ihn genannt, vollkommene Vertrautheit nicht nur im Wort, sondern auch in ihrer Gefühlswelt. Seine Unterstützung hatte nicht nur ihre Akzeptanz innerhalb des Hauses der Schlangen gesteigert, sondern sie auch in ihren schulischen Leistungen beflügelt. Immerhin war er älter und hatte ihr allerhand Tricks und Kniffe näher bringen können, noch bevor diese Thema im Unterricht geworden waren. Ihre Familie hatte diese Vertrautheit selbstredend geschätzt, gefördert sogar. Auch in den Ferien war Perce ein sehr gern gesehener Gast in Black Manor. Dreizehn Jahre alt war sie gewesen, als sie sich zum ersten Mal geküsst hatten. Perce war gerade am Anfang seines vierten Jahres gewesen, aber er hatte zwischen all dem Unterricht, den Aufgaben und dem Lernen immer wieder Zeit für sie gefunden und sie hatte Hogsmeade an seiner Seite erkundet, er hatte ihr alles gezeigt, was das Dorf zu bieten hatte. Auch heute noch verband sie diesen Ort sehr stark mit Perseus. Vielleicht ein Grund wieso sie diesen Ort gemieden hatte, seit sie endgültig aus der Familie ausgeschert war. Keinen Fuß hatte sie mehr dorthin gesetzt. Vielleicht auch, weil sie sich schuldig fühlte.

Sie hatte mit Perseus Schluss gemacht. Nicht, dass das irgendeinen Einfluss auf ihre Zukunft gehabt hätte, deren Weg von der Familie doch vorbestimmt und festgezurrt war, aber sie war am Ende der Sommerferien regelrecht explodiert und ja, ihrer Meinung nach hatte sie allen ordentlich die Meinung gesagt. Es war nicht so, als hätten sich ihre Eltern je ernsthaft für sie interessiert (abgesehen davon, dass sie die Familie bitte nicht blamierte), doch als sie sie dabei erwischt hatten in ihrem Zimmer das Radio vom MRF auf eine Muggelsendung umzustellen (Neugierde! Und Edward hatte ihr erklärt, wie das ging! Und sie wollte doch so gern all die Musik hören, von der er ihr immer vorschwärmte!), da war es vorbei gewesen mit zudrücken beider Augen, was ihre Schulfreundschaften anging. Bella war richtiggehend angeekelt gewesen, ihr Vater hatte gebrüllt, ihre Mutter hatte missbilligend an ihrem Nachmittagstee genippt. Und sie selbst hatte dagestanden, erst wie ohnmächtig und dann hatte sich eine Wut ihrer bemächtigt, wie sie sie noch nie verspürt hatte. Sie hatte ihnen vorgeworfen, Scheuklappen zu tragen, und ihr ebenfalls anwesender Verlobter schien von einem Bein auf das andere zu treten, als wäre er lieber an einem anderen Ort. Immerhin hatte er nicht versucht, sie zu maßregeln, aber als sie schlussendlich in ihr nunmehr radiofreies Zimmer gestürmt war, hatte sie ihm ein leidenschaftliches „Fick dich!“ An den Kopf geworfen (noch so etwas das sie von ihren Freunden gelernt hatte) und ihm die Zimmertür vor der Nase zugeknallt. Sie hatte nicht geweint. Sie hatte vor Wut gebebt, die Fäuste geballt und schließlich einen frustrierten Schrei in ihren Kissen erstickt. Immerhin aber hatte sie keinen Zimmerarrest bekommen, nur Hausarrest, den sie mit Ausritten auf dem Gelände des Anwesens immerhin geistig entfliehen konnte. Sie hatte ihre Freundschaften zu „minderwertigen Individuen“ nicht wie gefordert aufgekündigt. Nein, sie hatte Ted oben draufgesetzt.

Manchmal reichten solche Kleinigkeiten wie die Wahl eines Radiosenders aus, um aus einer kleinen Kerbe im Glas feine Risse zu gestalten. Andromeda startete ihr sechstes Schuljahr mit einem vollkommen neuen Bewusstsein ihrer selbst. Bellatrix war nicht mehr in der Schule, Cissa hielt dicht, oder verschloss die Augen davor, dass Andromeda jetzt jene Beziehungen intensivierte, die vom Elternhaus absolut unerwünscht waren. Sie hatte jetzt viel mehr Zeit für ihre Freunde, denn die Treffen mit Perseus an den Hogsmeadewochenenden fielen weg. Sie saß mit ihrem Freundeskreis häufig zusammen in den Drei Besen, um über Gott und die Welt zu sprechen. Irgendwann war Perseus mal da gestanden, mitten auf der Straße, Blumen in der Hand und sie hatte einfach nicht kommentarlos an ihm vorbei gehen können. Also hatte sie auf ihre Freunde gewiesen, ihn offensiv dazu eingeladen sich zu ihnen zu setzen und Farbe zu bekennen. Das hatte er nicht getan, natürlich nicht. Und sie hatte ihn verächtlich angesehen und ihm vorgehalten, dass ihn ja dann nichts von der Familie unterscheide und sie keine Lust hätte ihre Wochenenden damit zu verbringen. Ja, sie hatte damit Farbe bekannt und es war auch eben jener Nachmittag, an dem aus ihrem Freund Edward vorsichtig ein geliebter „Ted“ wurde. Ein Sprungbrett, irgendwo. Erst aus Gegensätzen geschmiedet, dann durch Schmerz und Enttäuschung untrennbar miteinander verwoben.

Zusammen sein mit Ted war grundsätzlich anders als mit Perce. Für Ted hatten gesellschaftliche Konventionen der reinblütigen Gesellschaft keinerlei Bedeutung und es spielte für ihn keine Rolle, dass ihre Hand an Perseus versprochen war. Immerhin hatte seiner Meinung nach eine Frau selbst zu entscheiden, wem sie ihr Herz und ihre Treue schenkte. Er war forscher und trotz dreijähriger Beziehung in mancherlei Dingen noch immer unerfahrenen Andromeda, manchmal zu forsch, zu schnell, aber das alles waren Dinge, die seine Welt von ihrer unterschieden und sie mochte es, wenn er lachte und ihr mal sinnbildlich, mal wörtlich die Hand entgegenstreckte. Für Andromeda waren die gemeinsamen Tage wild und zusätzlich, heimlich ausgetauschten Briefwechsel noch sehr viel wilder, denn sie hatte es bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekannt ihr Wünsche und Gedanken so explizit und deutlich zu formulieren, wie sie es nun tat. Sich immer mehr seiner wilden, freien Art anpasste und den deutlichen Willen bewies von “diesem Reinblutscheissross runterzusteigen“.

Ihr Höhenflug endete erst abrupt mit den Sommerferien des nächsten Jahres. In den Sommerferien hatte Bellatrix beschlossen, dass es Zeit war die Loyalität ihrer kleinen Schwester zu prüfen. Nicht ganz ohne Grund, war Andromedas Widerwille Perseus Gamp einzuladen doch recht offensichtlich! Andromeda fand sich starr vor Schock in ihrem Zimmer wieder, während Bellatrix mit versteinerter Miene mehr und mehr intimste Details aus den Briefen vorlas, die sie mit Ted hin und her schickte und die sie scheinbar abgefangen hatte. Unzucht (und dazu hätte nunmal allein schon Händchenhalten gehört) mit einem Schlammblut zu betreiben,... das war weit über jedweder Toleranzgrenze der Familie hinaus. Wieder gab es Streit, gab es Ärger mit den Eltern und vor allen Dingen kam es zu einem Bruch zwischen Bellatrix und Andromeda, der zuvor einfach nicht da gewesen war. Aus Schwestern, aus engen Freundinnen, wurden ... Fremde. Noch waren sie keine Feinde, noch sah Bellatrix die Chance sie wieder zur Vernunft zu bringen, aber jegliches Vertrauen war verspielt. Bellatrix versprach ab und an den Hogsmeadewochenenden nach ihr zu sehen.
Was für ein Versprechen...

Offensichtlich setzte man auf Abschreckung und erwartete von Andromeda nun ängstlich den Kopf einzuziehen. Aber nein, sie kehrte auch ohne den nun seinen Abschluss in der Tasche hebenden Ted hoch erhobenen Hauptes nach Hogwarts zurück und widmete sich ihren Freunden und ihrer Schulkarriere als wäre nichts geschehen. Mittlerweile zierte, im krassen Gegensatz zum verspielten Vertrauen innerhalb der Familie, ein Schulsprecher-Abzeichen ihre Robe und das Engagement für Schüler verschiedener Häuser brachte die Slytherin umso mehr dazu zu lernen, sich mehr in andere Lebensrealitäten hineinzuversetzen. Ja, als Black hatte man es schon nicht immer leicht, aber auch das Leben anderer war kein Zuckerschlecken und sie führte ein wirklich privilegiertes Leben. Dem war einfach so!
Das Schuljahr schritt voran, ein letzter Oktober, ein letzter November innerhalb der Mauern von Hogwarts, während welchen sie trotz der Familienbrüche sanfte Schwingen über den kleinen Gryffindor-Cousin ausbreitete. Sie war sich bewusst gewesen, dass man im nächsten Sommer eine Heirat zwischen ihr und Perseus erwartete, also setzte Andromeda Gegenschritte. Sie hatte zig Jobideen gemeinsam mit ihren Freunden und Ted durchgedacht, besprochen, wieder verworfen. Man würde nicht von ihr wollen, dass sie sich selbstständig machte, also musste es etwas sein, in dem ihre Familie keinen Einfluss hatte. Schließlich entdeckte sie das Tätigkeitsfeld der Vergissmichs für sich, das zwar nicht so prestigeträchtig wie manch anderer Beruf war, aber ganz nach der Art Verantwortung klang, die ihr zusagte. Es war außerdem ein Berufszweig, in dem die Blacks traditionellerweise eher nicht vertreten waren: immerhin ging es hier doch darum, zumeist Muggeln schonend unpassende Erinnerungen zu entfernen. Ted fand für sie heraus, wer in der Leitung der Abteilung arbeitete und kurz vor den Weihnachtsferien sandte Andromeda selbstbewusst ihre Bewerbung für eine Ausbildung zur Vergissmich ab. Immerhin zeugte doch bereits ihre Laufbahn als Vertrauensschülerin ab der 5. Klasse und dann Schulsprecherin davon, dass sie ein verantwortungsbewusster Mensch war? Und ihre Noten waren gut, was sie zum Teil Begabung, zum Teil ihrer Selbstdisziplin in Sachen lernen verdankte. Es war ihr bewusst, was all diese kleinen Schritte in Wirklichkeit bedeuteten. Ihre Zugehörigkeit zu den Blacks hatte ein konkretes Ablaufdatum bekommen.



Onkel Orion und Tante Walburga waren für den zweiten Weihnachtsfeiertag angereist und Andromeda war regelrecht erschrocken, als sie ihre Cousins erblickt hatte. Sirius, diesen trotzigen Ausdruck im Gesicht, aber auch etwas, das tiefster Verletzung bezeugte. Regulus, noch blasser und stiller als sonst. Nun, sie hatte sich ihren Teil denken können, immerhin war Sirius nach Gryffindor einsortiert worden und das hatte Onkelchen bestimmt über die Maßen verärgert, aber dennoch war es grauenhaft anzusehen. Nach dem Essen, als sie entlassen worden waren, hatte sie sich Sirius geschnappt und war mit ihm hinaus in den Garten gelaufen. Sie hatten Gnome erschrecken gespielt und sich schlussendlich eine Schneeballschlacht geliefert. Keiner von ihnen hatte etwas gegen die Wut im Bauch machen können, aber sie waren füreinander da gewesen und nach der Schlacht hatten sie sich mit hochrotem Kopf und funkelnden Augen darüber unterhalten, wie viel in ihrer beider Familien falsch lief. Es war schon dunkel gewesen, als sie beide sich in ihr Zimmer geschlichen hatten und sie ihm ein kleines Weihnachtsgeschenk überreichte, das ihre Eltern besser nicht zu Gesicht bekamen. Ein Modellmotorrad war es, ganz so, wie es Muggel in ihren Geschäften vertrieben. Sie hatte das Spielzeug verzaubert, sodass es von selbst im Kreise fuhr und kleine dunkle Wölkchen aus dem Auspuff kamen. Sirius war unheimlich fasziniert gewesen und sie hatte ihm im Flüsterton davon erzählt, dass Ted sich ein solches Motorrad gekauft und er ihr das Fahrzeug mit dem Modell erklärt hätte. Ein seliges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als sie die Verbundenheit zu Sirius wahrnahm, ihm nochmal durch die Haare wuschelte. Und dann erstarrt zur offenen Tür sah. Wie lang war diese schon offen gewesen? Still und leise stand Sirius kleiner Bruder im Türrahmen, beobachtete das Spielzeug, blickte keinen von ihnen beiden an. Erst als Sirius das Motorrad hastig in die Innenseite seines Jackets stopfte kam Leben in den Jungen, erklärte er steif, dass die Anwesenheit aller im Ballsaale verlangt würde. Sirius und sie hatten es nicht mehr gewagt weiter über Motorräder zu sprechen. Oder Muggel. Oder Ted. Dabei hatte sie ihm noch von etwas anderem erzählen wollen, aber nun musste es bis nach den Ferien warten.
‚Andromeda?‘ Oh, sie hörte die leise sanfte Stimme Regulus‘ noch heute als wäre es gestern gewesen. Aber sie hatte den genauen Klang vergessen. So, als sähe sie eine Fotografie, aber das Bild wäre irgendwie unscharf. ‚Ja, kleines Löwenherz?‘ Hatte sie kess geantwortet, während der Junge dabei zusah, wie seine Eltern sich von den ihren verabschiedeten. Beim Klang dieses Kosenamens war er zusammengezuckt, hatte den Kopf geschüttelt und war beinah ein wenig in sich zusammengeschrumpft. Damals hatte sie geglaubt, dass dem so gewesen war, weil er ebenso wie der Rest der Familie alles verachtete, was irgendwie an das Löwenhaus erinnerte. Heute war sie sich da nicht mehr so sicher. ‚Versprichst du mir, dass du ein Auge auf ihn haben wirst, wenn er nicht mehr bei mir ist?‘ Damals hatte sie geglaubt, dass Regulus sie fragte, ob sie Sirius durchs restliche Schuljahr begleiten würde und sie hatte ohne zu zögern eingewilligt und ihm versichert, dass es Sirius in der Schule blendend ging. Heute war sie sich da nicht mehr so sicher. Heute fragte sie sich, ob dieser traurige Blick, die hängenden Schultern. Ob da nicht mehr dran gewesen war, als sie damals angenommen hatte. Und manchmal, in besonders dunklen Momenten, da fragte sie sich, ob er es nicht damals schon gewusst hatte.

Zu Silvester waren ihre Cousins zwar nicht da gewesen, aber die Gamps und einige andere befreundete Reinblutfamilien. Andromeda hatte Perseus konsequent die kalte Schulter gezeigt und kurz nachdem auf das neue Jahr angestoßen war hatte sie sich entschuldigt, war aber nicht zu Bett gegangen. Diese Nacht, diese Nacht war als eine der magischsten in ihre Erinnerung eingegangen. Das Schnauben ihres Pferdes, das durch den frischen Schnee gestapft war (natürlich hatte es nicht wirklich so dick geschneit, es war einfach Tradition, Black Manor über die Weihnachtsfeiertage und Neujahr in Schnee zu hüllen!), der Anblick Teds, der sich über die Grenzmauer geschwungen hatte und mit dem sie sich hier an diesem leise vor sich hinplätscherndem Bach traf. Das leise Knarzen der Bäume im Wind und dann die Worte, die sie zwar erwartet hatte, aber die ihr dennoch Freudentränen in die Augen getrieben hatten. „Ja.“ Hatte sie zur Antwort geflüstert und dann waren sie lange Zeit eng umschlungen da gestanden, hatten sich geküsst und für diesen Augenblick hatte die Welt sich aufgehört zu drehen und war perfekt gewesen. Sie hatten sich einander versprochen und die einzigen Zeugen waren die Sterne, ihr Reittier und ein umherstreunender Fuchs gewesen.

Es gab Dinge, bei denen konnte Andromeda nicht über ihren eigenen Schatten springen. Es war unmöglich nach dem Schulabschluss mit Ted zusammenzuziehen und das unverheiratet zu tun. So sehr er sie auch damit aufzog, der Entschluss der beiden war ohnehin schon lang gefasst und so sollte ihr erster Ferientag auch der Termin für eine Hochzeit in nicht ganz so weiß sein. Standesamtlich nur. Was auch immer das genau bedeutete, denn es waren Muggelbehörden, mit denen Ted korrespondierte und Muggelpapiere, die sie unter der Hand im Ministerium beantragte. Eine Hochzeit nicht vor Magiern, sondern nur vor einem Beamten der Muggelwelt. Ein Bund fürs Leben dennoch. Und eine Hochzeit, eine, die ihr das schlechte Gefühl nehmen sollte.
Es war dennoch Überwindung. Dieser eine letzte Schritt. Ihre kleine Schwester, ihre Cousins, die sie in den Fängen der Familie zurücklassen würde. Doch was wäre schon die Alternative gewesen? Eine baldige Hochzeit mit Perseus Gamp und dann das Verschwinden einer jedweden reinblütigen Haushexe ins Wochenbett, die Unsichtbarkeit abseits einer Eintragung im Stammbaum. Die Gedanken daran hatten ihr den Abschied leichter gemacht. Ted versprach ihr eine Selbstständigkeit, die sie in ihrem alten Leben niemals erreichen würde. Freiheit. Nicht den großen Reichtum, kein bequemes Leben, aber Mitspracherecht.

Narcissa hatte sie nichts gesagt. Auch Sirius nicht, wobei sie darauf geachtet hatte zu ihm und seinen Freunden in die Kutsche zu schlüpfen, als sich diese ruckelnd auf den Weg nach Hogsmeade machte. Sie hatte dem kleinen Löwen noch eine Tüte Süßigkeiten zugesteckt und ihm durchs Haar gewuschelt und dann, auch wenn ihm das vor seinen Freunden vielleicht peinlich gewesen war, hatte sie ihn an sich gezogen und ihm ein „Du weißt, dass ich dich furchtbar lieb habe, ja?“ ins Ohr geflüstert.
Und dann war sie gegangen. Es war ihr falsch vorgekommen mit Narcissa noch während der Zugfahrt Pläne für die Ferien zu schmieden, aber sie hatte sie auch nicht vorwarnen können, denn am Ende hätte man es vielleicht in ihren Gedanken gefunden und es hätte ihrer kleinen Schwester Ärger eingebracht. Nein, für Cissa war es am besten gewesen nichts zu wissen und sie im dichten Gedränge am Bahnsteig aus den Augen zu verlieren. Ted und sie waren zum Ausgang gehastet, kichernd, lächelnd, frei. Ted hatte noch ihren Koffer verkleinert und dann sie hatte sich zu ihm aufs Motorrad geschwungen und das - ja das war ihr Start in ein neues Leben gewesen. Ein vollkommen neues Kapitel.



Man musste es sagen, wie es war: Ihre Ausbildung zur Vergissmich hatte ihr in ihrem weiteren Lebensverlauf sehr gute Dienste geleistet und es war eine der besten Entscheidungen ihres Lebens gewesen, diesen Weg zu gehen. Sie war talentiert, einfühlsam und unermüdlich damit beschäftigt, an ihren Zaubern zu feilen. Auch Ted arbeitete unermüdlich und gemeinsam konnten sie sich eine kleine Wohnung in Clacton-on-Sea leisten. Sie war das Gegenteil dessen, was Andromeda bisher gekannt hatte, klein und beengt, alles andere als prachtvoll, aber auch wenn sie sich oft wie in einem Schuhkarton fühlte, so war sie doch glücklich. Nicht ohne Schatten glücklich, denn Andromeda ahnte, dass man sie nicht in Ruhe lassen würde und so wussten noch nicht einmal ihre Freunde, wo genau das Pärchen sich eingemietet hatte. Ablenkung und Erholung fand sie darin, ein von Teds Eltern gesponsertes Koch- und Backbuch von vorne bis hinten durchzukochen und obwohl ihr Ehemann (!) nun wirklich viel auf Achse war, legte er in dieser Zeit bestimmt ein oder zwei Kilo zu. Andromeda fand Gefallen daran vor dem Apparieren zur Arbeit noch eine Runde am Strand zu laufen und Nymphadora kam schließlich im örtlichen Muggelkrankenhaus zur Welt. Zwar bedeutete das für Andromeda auch ihre Ausbildung erst einmal ad acta zu legen, doch die folgenden Wochen waren ohnehin von der Angst geprägt was passieren würde, wenn diese Nachricht an ihr Elternhaus gelangte, als dass sie viel Zeit gehabt hätte sich um ihr Haushexenschicksal Gedanken zu machen. Klar, sie war mittlerweile nicht mehr Teil der Familie, dennoch sah man es sicher ungern, dass hier eine Black in die Welt gesetzt worden war, die kein reines Blut in sich barg.

Unauffällig sein, nicht zu viel von sich preis geben: Diese Dinge übernahm Andromeda in Fleisch und Blut, schwebte da doch immer irgendwo die Gefahr wie ein scharfes Beil über ihr, dass die Familie sie finden würde. Unzählige Male wurde zwischen den Eheleuten das Für und Wider des Auswanderns besprochen, das die leichteste Lösung gewesen wäre, am Ende blieb man doch, schob man die Entscheidung fast ein halbes Jahr vor sich her, obwohl immer wieder Dinge passierten, obwohl es knapp war. Hier in Großbritannien hatte Ted eine Anstellung, Teds Familie, ihre Freunde waren hier. Es hätte sich wie Verrat angefühlt sie zurückzulassen und so wechselte man lediglich den Wohnort, nachdem es diesen Angriff von Todessern gegeben hatte, unter denen Andromeda auch ihre ältere Schwester erkannt hatte, zog in ein beschauliches Dorf mit einem gesunden Abstand zu London. Fühlte sich dort halbwegs sicher. Und war dann doch wieder dazu gezwungen, umzuziehen. Von Herberge zu Herberge zu reisen. Als es im Winter einen Angriff auf eine dieser Unterkünfte gab, die sie doch ohnehin so häufig wechselten, brauchte es nur noch ein paar organisatorische Tage um die sieben Sachen zu packen und doch genau das zu tun, wovor man so lange zurückgescheut hatte: Ins Ausland, fort von Familie, von Freunden, von allem was man kannte. Hoffentlich in Sicherheit.



Und dennoch konnten sie nicht sesshaft werden. Die erste Station ihrer langen Reise war Moldawien, ein Land, zu dem der Blackclan keine Verbindung hatte und in welchem Ted einen Freund kannte, der sich um die dortige Drachenpopulation kümmerte. Sie blieben zwei Monate, so lange, bis sie ihren Umzug offiziell an das dortige Ministerium hätten melden müssen. Das ging nicht, das legte zu viele Spuren und so nahmen sie Abschied, zogen weiter. Noch hatten sie ein bisschen erspartes, von dem sie Flugtickets erstehen konnten. In den folgenden Jahren würden sie viele Aushilfsjobs übernehmen und auch Andromeda würde sich nicht zu fein sein, sich als Putzfrau in Muggelbüros zu verdingen. Geld zum (Über)leben, unauffällig sein, sich einfügen. Auch, wenn die Arbeit und ihr Wohnort immer weitere Abstände zueinander einnahmen. Nymphadora hatte diese Veränderung nötig gemacht. Ihr kleiner Schatz hatte sich als Metamorphmagus erwiesen und so wunderschön das auch sein konnte, wenn ihre Tochter sich ausprobierte - schon mal versucht ein Kind mit Nymphadoras Fähigkeiten auf einer belebten Einkaufsstraße wiederzufinden? Es Muggeln zu erklären?

"Vor fünf Minuten hatte sie brünettes Haar mit pinken Spitzen und war in etwa soo groß - aber das ist eigentlich irrelevant, haben Sie irgendein Kind mit einem gelben Haarreifen gesehen?"

Es wurde nötig, magische Siedlungen ausfindig zu machen und doch war es nicht immer möglich. Magier stellten stets gewissermaßen eine Gefahr dar, denn man konnte nicht wissen, ob es jemanden gab, der von dem seltsamen Kind der britischen Magier berichtete und das an die falschen Ohren drang. Andererseits war es gut wenn die Nachbarn sich nicht wunderten, wenn das Mädchen nebenan ihr Aussehen öfter wechselte als es Mahlzeiten am Tag gab und nicht überall hatten Metamorphmagi einen so schlimmen Ruf wie in Großbritannien. Mancherorts war es aber auch lebensgefährlich diese Fähigkeit zu besitzen und sie mieden diese Länder, oder zogen rasch weiter, wenn sie entsprechende Tendenzen bemerkten. Am sichersten war es, wenn sie einsam mitten im Nirgendwo lebten, doch waren es wiederum keine Zustände für ein kleines Kind. All die Sorgen, all der Stress, die die Eltern verspürten, hielten sie jedoch von ihrem Liebling fern. Dann musste Andromeda eben Muggel obliviieren, die komische Dinge sahen - na und? Dann mussten sie eben so tun, als würden sie ein lustiges Spiel spielen, wenn sie mal wieder übereilt ihr zuhause verlassen mussten, um sich einen neuen Wohnort zu suchen. Manchmal zog nur sie mit Nymphadora um, oder nur Ted, und der andere blieb noch ein wenig, versuchte Spuren zu verwischen, oder noch ein paar Dinge in Erfahrung zu bringen. So blieb Andromeda noch ein paar Wochen in Arabien zurück, um die Beziehung zu Beduinen zu vertiefen, die sie in die Geheimnisse der Nacht einführten und Ted blieb in Deutschland, um einen Lehrgang abzuschließen, der ihm das Finden besser bezahlter Jobs ermöglichen sollte.

Hin und wieder schickten sie Eulen. An Familie, an Bekannte, Freunde,... denen sie zwar ihren aktuellen Standort nicht mitteilen konnten (und häufig darum baten eine Antwort bitte an das Konsulat in einem Land zu schicken, in dem sie eigentlich gerade gar nicht sesshaft waren), aber die ihnen mit Tagen oder Wochen Verzögerung doch einen kleinen Einblick in die britische Welt geben konnten. Inklusive diesem mulmigen Gefühl, wenn hin und wieder keine Antwort kam und das nun verschiedene Dinge bedeuten konnte. Obwohl Andromedas Kontakt zur eigenen Familie nahezu nicht vorhanden war, gab es zwei Familienmitglieder, die sich mit jedem Brief noch tiefer in ihr Herz schlichen und ihr treu blieben. Sirius und Evan. Gerade Evan hätte sie am liebsten mehr unterstützt, hätte gern mit Nymphadora und ihr Urlaub gemacht und damit auch seine Großcousine kennengelernt, aber selbst diese beiden hielt sie auf Abstand und traf sich nur in Ausnahmefällen persönlich. Fern ab der Familie. Andromedas Angst, man möge ihren Cousins folgen, war zu groß. Andromedas Stolz, dass sich gleich zwei Mitglieder ihrer Familie von ihren Fesseln befreit hatten war umso größer.

Sie lebten sicher und doch gab es merkwürdige Zufälle (die in Andromedas Augen keine waren) auch jetzt immer wieder einmal. Ein magischer Unfall in der unmittelbaren Nähe, der leicht auch etwas anderes darstellen konnte, seltsame Blicke, Schatten, die Andromeda in der Nacht folgten. Gut möglich war, dass es sich tatsächlich um Zufälle handelte und die Hexe ihrer Erfahrungen und Sorgen wegen mehr hinein interpretierte als war. Gut möglich auch, dass es hin und wieder Halsabschneider und andere Halunken gab, die ganz unabhängig von ihrem Namen und ihrem Schicksal auf sie aufmerksam wurden und dann auf eine außergewöhnlich aufmerksame Hexe stießen, die in engen Gassen scheinbar ins Nichts verschwand. Großteils aber hatten sie, wohl auch der häufigen Umzüge geschuldet, ihre Ruhe und Andromeda beobachtete stolz, wie ihre kleine Tochter zu einem offenen Wesen mit fröhlichem Herzen heran wuchs. Man ließ sie tatsächlich in Ruhe. Sie gewannen an Fähigkeiten, die sie besser untertauchen ließen, Nymphadora lernte langsam mit ihrer Gabe umzugehen. Es war kurz nachdem sie sich in Schweden häuslich niedergelassen hatten, als eine von Sirius' Eulen solch tiefen Schmerz in ihr Gesicht trieb, dass Ted sie nur eine Sekunde ansehen musste, ehe er ihr ein Taschentuch besorgte und Nymphadora kurzerhand mit einem Kinoabend überraschte. Der kleine Regulus war gestorben. In ihrer Erinnerung war er noch immer dieser zehnjährige Junge mit dem melancholischen Blick und es war einfach nicht zu fassen, dass er jetzt nicht mehr war. Dass er ein Todesser gewesen war, wie man scheinbar wusste, aber eben nicht, was mit ihm geschehen war. Keine Leiche. Kein Geständnis, Brief, keine Tat, die mit dem Ableben in Verbindung zu bringen waren. Nur eine Annonce in der Zeitung. Als ob man ihn einfach wie eine misslungene Zeichnung ausradiert hätte, ohne dass er Spuren hinterlassen hätte.
Ted kümmerte sich um ihre gemeinsame Tochter, während Andromeda einen Rucksack packte und die folgende Woche gemeinsam mit Sirius in Frankreich verbrachte. Es hatte immer wieder Freunde erwischt. Aber das hier war etwas anderes, es fühlte sich an, als hätte sie einen kleinen Jungen die Planke hinunter laufen lassen und versagt, egal wie wenig sie objektiv betrachtet hätte tun können. Sirius verstand sie. Sie verstand Sirius und zusammen gaben sie sich den Rückhalt, den solche Ereignisse benötigten. Dieses große, dunkle Loch der Ungewissheit, was mit dem Jungen geschehen war, der nie eine Chance zu leben gehabt hatte.

Sie konnte weitermachen, als sie zu Ted und Nymphadora zurück kehrte. Der jungen Madame brachte Andromeda leckere Macarons und ein wundervolles Kinderbuch mit. Sie lebten. In Großbritannien tobte der Krieg. Nymphadora lernte schwedisch und sie mussten langsam überlegen, ob sie eine Anmeldung in Durmstrang in Erwägung ziehen sollten, oder sich kundig machen sollten, ob es andere, unbekanntere Magierschulen gab, an denen ihre Tochter gut aufgehoben war.

Und dann endete der Krieg. 1981. Was für ein Jahr! Die Vernichtung des Dunklen Lords wurde im Hause Tonks mit einer Flasche guten Weins gefeiert. Gleichzeitig hatte Andromeda noch immer nicht den Verrat Evans verkraftet, den sie postmortem erfahren hatte und konnte es nun nicht fassen, dass Sirius seine besten Freunde verraten haben sollte. Ein Todesser war. Irgendetwas passte nicht ins Bild - genauso, wie es nicht zu ihr gepasst hätte, den Todessern pikante Details zu ihren Freunden zu stecken. Schlaflose Nächte. Wieder war es Schuld, die an ihr nagte: Hätte sie irgendetwas davon verhindern können? Einfluss nehmen? Hatte er sich den Todessern zugewandt um herauszufinden, was mit seinem Bruder geschehen war? Nymphadora nahm wahr, dass ihre Mutter etwas belastete, aber Andromeda hielt alles, was die Familie Black anging, fern von ihrem Augenstern. Ihre Sorgen sollten nicht die ihrer Tochter sein.
Immerhin brachen endlich friedlichere Zeiten an (und auch die Inhaftierung ihrer älteren Schwester ließ Andromeda sich durchaus sicherer fühlen (sie sagte dort sogar in Kooperation mit den Behörden aus, um jedweden Versuch, die Verantwortung abzuschieben, im Keim zu ersticken). Dennoch. Der Umzug, zurück nach Großbritannien, die Einschreibung in Hogwarts, sie fand erst 1984 statt, dem Jahr in dem Nymphadora eingeschult werden sollte. Lächelnd las sie in den ersten Septembertagen einen Brief ihrer Tochter, in dem sie von den ersten aufregenden Tagen in der Schule berichtete und dass sie nach Hufflepuff gekommen war. Es war gut, dass sie weder in Slytherin, noch in Gryffindor war. Andromeda empfand Hufflepuff als passend für ihren Sonnenschein und außerdem war es sicher. Wie gern hätte sie auch jetzt noch ihre schützenden Schwingen über Nymphadora ausgebreitet! Aber ihre Tochter wusste sich schon zu wehren, wenn es darauf ankam. Sie war ein starkes Kind.

Sie selbst bewarb sich zurück dorthin, wo alles angefangen hatte. Wurde wieder in die Ausbildung zur Vergissmich genommen, obwohl sie mit Abstand die älteste Azubi war. Sie bewies sich, machte einen guten Job. Insbesondere ihr damals durch Ted erwecktes Interesse an der Muggelwelt tat ihr gute Dienste im Umgang mit Muggeln (und manchmal war es auch ganz praktisch, um es gegen andere Magier anzuwenden). Als sie 1989 eine Ehrung und damit einhergehend eine Gehaltserhöhung bekam, platzte Andy beinahe vor Stolz, aber sie hatte auch durchaus etwas Angst vor ihrem Bild in der Zeitung - wer es sehen könnte. Aber nichts passierte. Niemand griff sie an, alles blieb ruhig und Andromedas Herz konnte sich nach ein paar Wochen auch wieder beruhigen. Sie wiederum die angebotene Stelle im Sicherheitsteam des Ministers übernehmen. Es war eine gute Stelle. Und Nymphadora mittlerweile alt genug, dass sie auch dann zurecht kommen würde, wenn sowohl Mama als auch Papa abends einmal verpflichtet sein würden.

Im Nachhinein gesehen war die ganze Angelegenheit wohl ein leichtsinniger Schritt für jemanden gewesen, der dem Krieg damals entflohen war. Ja, im Ausland assoziierte niemand ihren Namen mit so etwas wie Blutsverräterin und Schande und sie tat sich naturgemäß sehr leicht darin, Kontakte zu knüpfen. Sie liebte es zu reisen, sie liebte es in andere Kulturen einzutauchen. Sie beherrschte verschiedenste Landessprachen zumindest bruchstückhaft (wenn auch nur in Wort, nicht in der Schrift), konnte ihre Reisegefährten häufig über Gebräuche und Riten der Gastgeber aufklären. Im Sicherheitsteam betreute man Events zuhause in Großbritannien, aber wurde auch immer wieder zu internationalen Einsätzen eingeteilt, wenn Diplomaten Geleit benötigten.
Ihr erster längerer Einsatz führte die Hexe in den Iran, den sie bereits auf ihrer Weltreise hatte kennenlernen dürfen. Mehrere Monate dauerte die diplomatische Mission, einzig zu Weihnachten nahm sie sich Urlaub und verbrachte die Ferien mit Mann und Tochter. Küsse, Umarmungen, vor der Abreise. Der erste große Einsatz lief hervorragend, tatsächlich kritisch wurde es erst einige Einsätze später, 1993, während des Kroatien-Krieges. Drei Tage in vollkommener Dunkelheit, danach psychologische Betreuung und der Zweifel, ob die Mitgliedschaft im Sicherheitsteam wirklich das war, das sie wollte. Diskussionen mit Ted (der sie aber darin bestärkte, weiterzumachen - sich zu verwirklichen), Beistand ihrer Tochter, die mittlerweile selbst voll in der Ausbildung zur Aurorin steckte. Nymphadoras Jobwahl hatte sie selbst vor eine geistige Herausforderung gestellt: einerseits war da unbändiger Stolz, dass ihre Tochter sich einer wirklich guten Sache verschrieb und andererseits natürlich die Sorge. Immerhin war Nymphadora damit nicht nur eine direkte Gegnerin der Schwarzmagier, sondern als halbe Black und Halbblut vielleicht umso mehr Zielscheibe des Hasses. Sicher hatte Dora gesehen, wie sie hatte schlucken müssen, damals, als sie tatsächlich aufgenommen worden war. Aber sie hatte sie fest an sich gedrückt und ihr alles Gute gewünscht und ihr ein offenes Ohr versprochen - natürlich! - egal was da auch kommen sollte.

Die Vorsicht reiste immer mit, so war es schon seit Jahren, aber seit dem Kroatien-Zwischenfall umso mehr. Mit Argusaugen wurden die Nachrichten verfolgt und blieben ein ums andere Mal auch auf dem Namen ihres Cousins Sirius hängen, nach dem man nach wie vor fieberhaft suchte. Er war ausgebrochen, kurz nachdem sie den Dienst wieder angetreten hatte und sie spürte die Anspannung in der Abteilung. Spürte sie auch beim Zaubereiminister und anderen hohen Politikern, die sich dieser Tage insbesondere um Harry Potter Sorgen machten. Der Junge, dessen Patenonkel ihr Cousin war. Dessen Eltern er hatte ermorden lassen. Wieder kam man auf sie zu - ob sie nicht noch irgendwelche Details wisse, die bei der Ergreifung des Flüchtigen helfen könnten. Nein, wusste sie nicht. Umso mehr sie sich Sorgen machte, desto mehr stürzte sie sich in die Arbeit.

Andromeda genoss es nach wie vor, auch selbst mit dazu beizutragen, Geld nach Hause zu bringen, nützlich zu sein und die Welt bereisen zu dürfen. Allerdings bestand sie nun darauf, im Vorhinein in die Sicherheitskonzepte Einsicht zu bekommen und stellte sich dann entweder Diskussionen mit dem Teamleiter, oder sagte ihre Anwesenheit generell ab, wenn es ihr zu brenzlig wirkte. Ein Verhalten, das von einigen belächelt wurde, sie in den Augen anderer wiederum im Respekt steigen ließ. Andromeda Tonks machte nicht mit, wenn sie mit Plänen nicht einverstanden war, Gefahrenzulage hin oder her. Sie stand für sich ein und riskierte damit durchaus ihren Job.
1994 machte sich diese Einstellung bezahlt, vielleicht als Resultat ihrer gleichbleibenden Hartnäckigkeit wurde ihr die Mitverantwortung in der Planung zugestanden und ein schmunzelnder Ted, wenn sie abends über ihren Unterlagen einschlief und er sie mal wieder zu sich ins Bett 'locken' musste, gehörte zum neuen Alltag. Überstunden. Viele Überstunden und Nymphadora am Ende ihrer Ausbildung.

Das Ende des Trimagischen Turniers brachte die Schrecken ihrer Albträume zurück. Sagte Dumbledore. Während Fudge sagte, dass das alles nicht wahr sei. Du-weiß-schon-wer nicht zurück. Hin und her gerissen wusste Andromeda nicht was sie glauben sollte. Ob es Zeit war, sich wieder auf einen Krieg einzustellen, oder ob sich Dumbledore schlussendlich doch mit dem Turnier übernommen hatte und die Schuld am Tod eines Schülers nun von sich abzuwenden suchte. Sie wusste es nicht. Eines aber wusste sie: Feindgläser in jedem Raum hatten noch nie jemanden geschadet, nicht wahr?