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Rosalie Winslow - Rosalie Winslow - 01.08.2025 Rosalies Herz klopfte so laut in ihrer Brust, dass sie befürchtete es würde jeder hören. Der breite Korridor vor dem großen Hörsaal war bereits voll von Stimmen, Schritten, aufgeregtem Getuschel. Sie hielt ihre Tasche ein wenig fester, während sie langsam durch die Menge schritt - bemüht, nicht anzuecken, nicht zu stören.. Dabei fühlte sie sich jetzt schon wie ein bunter Klecks in einem Gemälde, der irgendwie nicht ins Bild passte. Sie war früh aufgestanden, hatte sich drei Mal umgezogen, ihre Notizen sortiert, ihre beste Schreibfeder eingesteckt. Ihre Haare saßen für ihre Verhältnisse fast schon unnatürlich ordentlich und das leichte Parfum, das sie nur zu ganz besonderen Anlässen auflegte, schwebte wie ein zarter Schleier um sie herum. Denn das heute war kein gewöhnlicher Tag. Es war der Tag, an dem Lucian Selwyn persönlich eine Vorlesung hielt. Lucian Selwyn. Der berühmte Tierwesenforscher. Der Mann, der für sein erstaunliches Wissen bekannt war, welches er bereits in unzähligen Büchern mit der Welt geteilt hatte. Und seine Stimme – ruhig, intelligent, leicht sonor – kannte sie von Mitschnitten aus dem Archiv, die sie sich bei jeder Gelegenheit anhörte. Für sie war er nicht nur ein brillanter Forscher, sondern auch... ja, ein Idealbild. Ihr Traummann, wenn man es beim Namen nennen wollte. Als sie durch die große Doppeltür in den Hörsaal trat, wurde ihr kurz schwindelig. Die Reihen waren fast alle besetzt. Es summte vor Erwartung. Fast ganz hinten war noch ein Platz frei, halb verdeckt hinter einer hohen Stütze. Nicht gerade der beste Blickwinkel, aber vielleicht war es besser so. Sie setzte sich schnell, legte ihre Sachen vor sich ab und versuchte ihre Atmung zu regulieren. Dann geschah es. Die Tür auf der anderen Seite öffnete sich – und er trat ein. Lucian Selwyn. In echt. Noch größer als auf den Fotos, mit einer leichten Unordnung im Haar, als hätte er sich gerade erst aus einer wilden Brise befreit. Seine Kleidung war schlicht, aber mit klarer Linie und als er zum Pult ging, schien sich der Raum ganz von selbst zu beruhigen. Ein paar Gäste applaudierten. Rosalie konnte nicht, ihre Hände waren wie festgefroren. Er begann zu sprechen und sofort war sie gefesselt. Die Art, wie er sich ausdrückte – so klar, so mitreißend. Diesem Mann gelang es allein durch Erzählungen, Bilder zu erschaffen. Er sprach über Interaktionen zwischen verschiedenen Tierwesen, über magisches Territorialverhalten, mit denen Tierwesen Respekt einfordern. Rosalie schrieb mit, fieberte mit, vergaß sogar zwischendurch zu atmen. Immer wieder erwischte sie sich dabei, wie sie ihn einfach nur ansah. Wie er manchmal kurz innehielt, um nachzudenken oder ein winziges Lächeln andeutete, wenn jemand eine kluge Frage stellte. Sie stellte keine. Dabei hatte sie sich so viel überlegt. Sie hatte Fragen zu seinen Expeditionen, zu seinem letzten Aufsatz, sogar eine kleine Zeichnung, die sie ihm gerne zeigen wollte. Aber ihr Mut blieb irgendwo zwischen ihrem Hals und dem Brustbein stecken. Als die Vorlesung endete und die ersten aufstanden, blieb sie wie angewurzelt sitzen. Um sie herum rauschten Stimmen, Taschen wurden geschultert, Stühle rückten. Lucian stand noch vorne, beantwortete ein paar Fragen, unterschrieb etwas. Jetzt wäre der Moment gewesen. Jetzt oder nie. Sie stand langsam auf, fuhr sich mit der Hand durch die Haare, trat ein paar Schritte näher. Dann stockte sie. Noch mehr Leute schoben sich nach vorne. Manche kannten ihn offenbar persönlich. Ein Lachen, ein Schulterklopfen. Die Luft war warm und vibrierte vor Erwartung. Rosalie hielt ihre Notizen fester, ihr Herz schlug wieder viel zu laut. Sie blieb einen Moment stehen. Beobachtete ihn. Sein Blick, wie er aufmerksam zuhörte, wie er geduldig antwortete. Er war genau so, wie sie ihn sich vorgestellt hatte – nur echter. Greifbarer. Und doch so weit entfernt. Sie trat einen Schritt zurück, ließ den Blick noch ein letztes Mal über ihn gleiten, dann wandte sie sich um. Vielleicht war heute noch nicht der Moment, aber er würde wiederkommen. Und dann, vielleicht… dann würde sie ihn ansprechen. |